8. April 2025
DHd 2025 Eröffnung

DHd 2025

Anfang März war ich (Anastasia Bauch) auf der Digital Humanities im deutschprachigen Raum 2025!, der Jahrestagung der DHd.

Für mich begann die Konferenz mit dem Workshop über Citizen Science in den Geschichtswissenschaften sowie dem Workshop des DiViAS Projektes über den Umgang mit raumzeitlicher Unschärfe am Beispiel von Ortsangaben aus historischen Logbüchern.

Die Keynote des Linguisten Mark Dingemanse, der seine Kritik am Umgang mit LLMs mit einem weiten Borgen von Adornos Reflektionen über Horoskope, über den Barnum Effekt und dem Märchen vom süßen Brei einleitete, eröffnete die Haupkonferenz. Seine These: Viele unserer positiven Eindrücke der Antworten aus LLM-Chats gehen auf den Barnum Effekt zurück - wir interpretieren die Antwort wohlwollend, die aus statistischen Wahrscheinlichkeiten zusammengeürfelt ist und so schwammig formuliert, dass sie so offen für Interpretationen ist, wie ein Horoskoptext. Und diese Sprachmodelle wachsen wie der süße Brei, ein Brei aus aus dem Kontext gerissenen Wörtern, die über semantische Ähnlichkeitsvektoren miteinander in Zusammenhang gebracht werden, selbst wenn sie, wie im Beispiel von Dingemanse über Weinhandlungen in London, gedankenlos geografische Grenzen wie den Ärmelkanal und die Pyrenäen überschreiten und spanische Beispiele unter die Empfehlungen mixen.
Neben diesen Hinweisen zum kritischen Umgang mit LLMs, besonders im Forschungskontext, wies Dingemanse abschließend, Enongo Lumumba-Kasongo zitierend, darauf hin, dass LLMs darauf basieren die durschschnittliche, die wahrscheinlichste Lösung zu finden und somit das Gegenteil eines kreativen Prozesses bilden, der auch das Unwahrscheinliche, seltsame erkundet in der Hoffnung auf Erkenntnisgewinn.

Der kritischen Keynote zum Trotz ist KI, oder zumindest Machine Learning, voll in der digitalen Geisteswissenschaft angekommen. Neben den weiterhin prominenten Fragestellungen zu Datenstrukturen – hier für die Datenmodellierung in QGIS besonders interessant die Beiträge über Unsicherheit und Ungenauigkeit, wie Schneider et al. und Junginger – arbeiten viele der vorgestellten Projekte mit der (Teil-)Automatisierung ihrer Vorverarbeitungsprozesse sowie ihrer eigentlichen Forschungvorhaben. Aber auch hierbei ist KI keine Wunderwaffe, wie das Beispiel aus dem Projekt über Naturbeschreibungen in Reiseberichten ONiT von Michaela Vignoli und Doris Gruber zeigt, deren Versuch ihre OCR Texte mit LLama 3.1:70b zu verbessern zu viele „Halluzinationen“ ergab, als dass das OCR-Ergebnis wirklich für die Forschungsansprüche verbessert worden wäre.

Neben KI bildete aber auch der politische Umschwung der USA ein tagungsübergreifendes Thema: Hier stellt sich die Frage welche Alternativen es zu amerikanischen Softwareanbietern gibt, denen man entsprechend sensible Forschungsdaten anvertrauen kann. Aber auch was die Forschungsinfrastruktur betrifft, stellt das anscheinend absehbare Entfernen bisher öffentlicher Datenbanken und das Streichen von Forschungsförderung (bishin zur Krebsforschung) einen schwerwiegenden Einschnitt für die internationale Froschung dar.

Während wir zur Politik nur mutmaßen können, arbeiten wir an etwas anderem: Mehr Spatial Humanities, denn die kamen definitiv zu kurz. Neben dem erähnten DiViAS, gab es einen Workshop zur Systematisierung historischer Ortsnamen. Dazu wurden Forschungsergebnisse in einigen Projekten räumlich visualisiert, die räumliche Analyse gehörte dagegen nicht zum Methodenkanon.

In ihrer Abschlusskeynote ermutigte Mareike König aber zum weiteren Ausprobieren und zum offenen Kommunizieren der Unfertgikeit in der Wissenschaft. Wozu sie nichtzuletzt mit der Beteiligung beim Aufbau der Blogplattform hypotheses.org beigetragen hat.

Entsprechend blicken wir auf das Motto für 2026 in Wien „Not only Text, not only Data“ und freuen uns auf „spatial relations, too“. Genau wie wir uns darauf freuen mit zwei Beiträgen auf der DH 2025 in Lissabon vertreten zu sein.

Insofern, safe the Dates:
DHd 2026 am 23.–27.Februar in Wien, Thema „Not Only Text, Not Only Data“.
Sowie die DHd 2027 1.–5. März in Marburg unter dem Thema „Mind the Gap- Wissen, Unsicherheit, Verantwortung“.